Das Konzept der inneren Mitte


Normalerweise befindet sich der Mensch in einem Zustand ununterbrochener geistiger Aktivität, bei der viele Einflüsse von innen und außen bearbeitet werden, so dass die Gedanken von einem Punkt zum anderen springen. Nur selten gelingt es, die Konzentration ganz auf ein Thema zu beschränken, sondern immer wieder wird die Aufmerksamkeit von oft äußeren Reizen abgelenkt. In Asien wurden seit Jahrtausenden Wege entwickelt, diesen zerrissenen und manchmal etwas orientierungslosen Zustand zu überwinden und seine so genannte innere Mitte zu finden.

Die innere Mitte als Zustand der Konzentration, der Ruhe und des Friedens

Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs innere Mitte, doch überwiegend wird darunter ein geistiger Zustand der fast schon meditativen Konzentration verstanden, der ein Gefühl von Ruhe und Frieden im Menschen entstehen lässt. Die Reize der Außenwelt sind in diesem Zustand bis auf wenige ausgeschaltet, der Geist ist ganz auf eine Sache fokussiert. Ein westlicher Glücksforscher, der ungarische Professor Mihaly Csikszentmihalyi, hat diesen Zustand auch als Flow bezeichnet.

Die Wege, um diesen Zustand zu erreichen, sind unterschiedlich. Eine Methode ist die der Unbeweglichkeit und der Versenkung nach innen. Hier finden sich die verschiedenen Ansätze zur Meditation, bei der man sich ganz auf ein unablässig wiederholtes Mantra konzentriert oder aber regelmäßig seine Atemzüge zählt. Auch das Verharren in den verschiedenen Positionen des Yoga stellt eine solche Form zum Finden der inneren Mitte dar.

Der andere Weg zur inneren Mitte liegt in der Bewegung. So erfordert zum Beispiel das Tai Chi durch die Langsamkeit der Bewegungen äußerste Konzentration, auch im Aikido gibt es Trainingselemente, die die Meditation in der Bewegung fördern. Beiden Ansätzen – der Unbeweglichkeit oder aber der Bewegung – ist gemeinsam, dass sie durch Überforderung durch Monotonie den aufgeregten Geist zur Ruhe bringen.

Das Bewusstsein ist nämlich von den dauernd wiederholten Worten oder Bewegungen sehr schnell gelangweilt und verabschiedet sich ab irgendeinem Zeitpunkt. Dann tritt man in eine Art meditative Trance ein, die den ersehnten Zustand von Ruhe, Frieden und innerer Konzentration bringt.

Zugriff auf ungeahnte Kraftreserven

Hat man seine innere Mitte gefunden, so hat man in diesem Zustand Zugriff auf im Innern schlummernde Kraftreserven, die einem vorher vielleicht gar nicht bewusst waren. Dazu gehört auch die körperliche Leistungsfähigkeit: befindet man sich in diesem Zustand geistiger Ruhe und körperlicher Balance, so kann man zum Beispiel von einem Angreifer deutlich schlechter umgeworfen werden, als es eigentlich der Fall sein müsste. Allerdings benötigt man sehr viel Übung, um schnell in diesem Zustand wechseln zu können.